25.08-03.09 2023 | Via Nova Kunstfest Corvey 2023 „Eine Lilie unter Disteln“

1.September (Freitag) 2023

Schloss Corvey, 19.30 Uhr Kaisersaal Lesung, Konzert und No-Theater

Sven-Eric Bechtolf

Süß wie Oboen, grün wie eine junge Wiese

Charles Baudelaire, Die Blumen des Bösen

Rainer Maria Rilke nannte es bewundernd ‹ein Buch fürs Leben, für ‚alle‘ Leben› – kaum ein anderes Werk hat die moderne europäische Lyrik so nachhaltig geprägt wie Charles Baudelaires Gedichtzyklus ‹Les fleurs du mal› (1857). In berauschenden Bildern zeigt das Meisterwerk des französischen Dichters den Menschen in einem Schwebezustand, gefangen im spannungsreichen Geflecht aus den Sehnsüchten des Geistes und der Schmerzlichkeit der Realität. Hochgehoben in Traumwelten und auf der Suche nach einem irdischen Paradies: ‹aus jeder Blume Hauch von Weihrauchschalen weht›. Sven-Eric Bechtolf ist ein leidenschaftlicher Schauspieler, Opern- und Schauspiel-Regisseur. Er arbeitete an den großen deutschsprachigen Bühnen und führte Regie u. a. bei den Wiener Festwochen, Staatsoper Unter den Linden, Mailänder Scala. Er war Schauspieldirektor und Künstlerischer Leiter der Salzburger Festspiele.

Vom Geheimnis der Rose

ENSEMBLE AUSONIA

Mira Glodeanu,Violine

Frédérick Haas, Cembalo

James Munro, Violine

Masato Matsuura, Nô-Theater

Bibers Mysterien-Sonaten und Japanisches Nô-Theater

Heinrich Ignaz Franz Biber (1644 – 1704)

Zeami (1363 – 1443), Hagoromo

Heinrich Ignaz Franz Biber war einer der größten Violinvirtuosen seiner Zeit. In den Rosenkranz-Mysterien breitet er die Wunder seiner Kunst aus, die Schönheit und Ausdruckskraft seiner Musik erlebt man als beglückend. Einzigartig an Bibers Zyklus ist, daß jede Sonate eine andere Stimmung der Violine verlangt, die Resonanzen, Klangfarben und Spielmöglichkeiten subtil verändert. Jede Stimmung schließt ein einziges Geheimnis auf, jede Sonate bildet eine eigene Welt für sich, und keine gleicht in ihrem Formenspiel der anderen. Frédérick Haas tritt als Solist auf, sowohl am Cembalo als auch am Pianoforte, und ist Leiter des belgischen Ensembles Ausonia. Seit 1997 ist er Professor für Cembalo am Königlichen Konservatorium in Brüssel. Die mit Maske, Gebärden und prächtigen Kostümen verschmolzenen poetischen Tanzbewegungen des ​japanischen Theaterkünstlers Masato Matsura finden im Dialog der Musik von Zeami und Biber eine erhellende Symbiose: Das Geheimnis der Rose verbindet Ost und West, Vergangenheit und Gegenwart.

Eintritt 35 / 30 / 25 €

CHARLES BAUDELAIRE

Vor 160 Jahren erschien ein Gedichtband, der Furore machen sollte: „Die Blumen des Bösen“ von Charles Baudelaire (1821-1867). Seine Gedichte markieren den Beginn der modernen europäischen Lyrik

.„Baudelaire hat diesen Nimbus, diese Aura des Exzentrikers, des umwölkten Satanisten und Pornographen von Anfang an selbst unterhalten und, sich vom verhassten ‚juste milieu‘ der Juli-Monarchie des Bürgerkönigs Louis-Philippe, genannt ‚Birne‘, gleichermaßen absetzend wie von der entfesselten Geld-Bourgeoisie des Zweiten Kaiserreichs unter Napoleon III., ‚Napoleon dem Kleinen‘, wie Victor Hugo spottete, schreckte er auch vor damals schon politisch absolut inkorrekten Provokationen nicht zurück. (…) Schönheit, das Ästhetische, manifestiert sich im je Zeitgenössischen, nicht in den akademischen Gipsmodellen antiker Kunst. Das ist das entscheidend Neue in Baudelaires Kunstauffassung. Und genau das erklärt Baudelaires radikale Hinwendung zur modernen Welt, das heißt in seinem Falle zu den Phänomenen der Großstadt Paris, zur Hauptstadt des Luxus und der Moden, des Elends und der Prostituierten, der Opiumhöhlen und der Gaslaternen, die die Nacht zum Tage machten, der Passagen und ihren bunten Warenwelten, ihren artifiziellen Paradiesen. Auf seinen Erkundungen des 19. Jahrhunderts und seinen archäologischen Ausgrabungen an den Wurzeln der Moderne ließ sich Walter Benjamin späterhin gerne von seinen Baudelaire-Lektüren leiten. (…) Nein, nicht die neue Technik wird besungen, sondern das, was sie geradezu unbeabsichtigt mit hervorbringt, mit hervortreibt. Die Entdeckung der Geschwindigkeit mittels Dampfkraft und Lokomotive, die Gasbeleuchtung in der Nacht, das Aufkommen anonymer, aneinander vorbei gehender Massen in der Großstadt, die Einladung zum Flanieren, die Erfindung der Stadt als permanentem Spektakel ändert auf ganz entschiedene Weise die Wahrnehmungsmodalitäten.“ (Jürgen Ritte, Deutschlandfunk)

„Baudelaire gilt heute als Begründer der modernen Großstadtpoesie und als Prototyp des modernen Dichters. Während Flaubert von seinem Zensurprozess gegen Madame Bovary profitierte und bald in den höchsten Gesellschaftskreisen verkehrte, blieb Baudelaire wegen seines vermeintlichen „Immoralismus“ ein Außenseiter. Der glühende Revolutionär gehörte zum poetischen Prekariat des Zweiten Kaiserreichs. Und er schrieb über prekäre Existenzen: über Trinker, Bettler, Huren und Tagelöhner.

“(Deutschlandfunk) „Baudelaire ist ein großstädtischer, moderner Dichter, d.h. ein dem Dasein mit Notwendigkeit entfremdeter. Der Himmel ist ihm der Deckel über dem Dunst, der von der sinnlos vor sich hin köchelnden Menschheit aufsteigt. Hin und hergeworfen zwischen Sehnsucht und Ernüchterung, Ennui und Aufbruch, Lust und Entsagung, antikischer Götterlust und neuzeitlichem Atheismus, ähnelt er dem rast- und ratlosen Menschen unserer Tage. Seine Sprache aber glüht, ist aufgeladen, aufrührerisch, verlangend, trunken. Das stellt eine Herausforderung für den Sprecher dar. Man kann den leidenschaftlichen Gestus weder unterdrücken noch ihm allzu viel Raum lassen, wenn man denn den Inhalt der Texte verständlich machen will. In meinen Augen gibt es keine Verwandtschaft zum Hohelied Salomons. Nietzsche sagte, die Griechen seien oberflächlich gewesen – aber aus Tiefe. In ihrer Anbetung der irdischen Schönheit und Vollkommenheit, habe sich ihr Verständnis eines darin offenbarten göttlichen Willens ausgedrückt. Ähnlich empfinde ich das Hohelied. Eine ungebrochene, unschuldige Freude am geliebten Anderen, die zugleich eine Verherrlichung seines/ihres Schöpfers bedeutet.“   Sven-Eric Bechtolf

Japanisches NÔ-THEATER. Meist trägt der Hauptdarsteller (Shite) eine Maske.

Japanisches NÔ-THEATER. Meist trägt der Hauptdarsteller (Shite) eine Maske.
© Yamanoto Noh Theater

JAPANISCHES NÔ-THEATER

Nō ist eine Form des traditionellen japanischen Theaters, die im 14. Jahrhundert entstand. Damals waren Nō-Schauspieler auch gleichzeitig die Autoren der Stücke. Traditionell wurde es nur von Männern gespielt (getanzt) und musikalisch begleitet. In der Edo-Zeit (16.-19. Jh.) war es ein Privileg der Samurai, das Nō-Theater zu spielen und zu besuchen. Damals besaßen die Nō-Schauspieler den erblichen Samuraistatus. Seit dem beginnenden 20. Jahrhundert erlangen auch immer mehr Frauen den Status professioneller Nō-Darsteller. Meist trägt der Hauptdarsteller (Shite) eine Maske. Die traditionellen Themen betreffen meist japanische oder chinesische Mythologie oder Literatur. Einige Nō-Theaterstücke befassen sich mit Gegenwartsthemen. Nō ist als Theater vom Zen-Buddhismus beeinflusst, es werden minimale, kodifizierte Bewegungen mit Zwerchfellgesang eingesetzt. In dieser Kunstform erzeugen minimalistische Gesten und intensive, konzentrierte Veränderungen in der körperlichen Ausrichtung einen lebensechten Ausdruck in der Maske. Um dies zu erreichen, müssen die Schauspieler ihren Körper beherrschen und ihre Energie auf die Maske und einen Fächer, den sie ebenfalls einsetzen, konzentrieren und lenken. Alle heutige Gebärden und Tanzbewegungen sind Ergebnis eines langen Prozesses der Stilisierung, d. h. eines allmählichen Weglassens nicht-wesentlicher Elemente in der ursprünglichen Imitation realer Gesten und einer eleganten, konzentrierten Formalisierung des Wesens solcher Aktionen wie Weinen, Kämpfen, Geistererscheinungen und -beschwörungen, Schamanen- und Frauentänze usw. Das Nō-Theater wird traditionell in Verbindung mit Kyōgen, einer Art Komödie, aufgeführt. Nō und Kyōgen wurden im Jahr 2001 unter dem Sammelbegriff Nōgaku gemeinsam in die UNESCO-Liste der Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit aufgenommen.

MASATO MATSUURA

Der Nô-Tänzer Masato Matsuura ist tief verwurzelt in der japanischen Tradition des Nô-Theaters. Seit vielen Jahren widmet er sich den ästhetischen und philosophischen wie praktischen Ursprüngen dieser traditionellen japanischen Theaterform. Dabei entdeckte er und praktiziert in seinen Tänzen die Klarheit und Intensität frühester Formen des Nô-Theaters. Sein Ansatz ähnelt dem westlicher Musiker, die alte Musik aufführen. Die Ursprünge des Nô sind in den traditionellen Kampfkünsten verwurzelt, insbesondere in der Schwertkunst. Diese Ähnlichkeit hebt Masato Matsuura in seinem Tanz hervor, indem er als Nô-Tänzer und sein Schwert einander antworten und inspirieren. Als direkter „Uchi Deshi“ (Lehrling) des berühmten japanischen Tetsunojyo   KANZE   VI I I   erweiterte  Masato Matsuura seine Ausbildung durch sein intensives Studium alter Kampfkünste wie Daitoryu, Aikijyujistu, Nitenjitsu und Iaijutsu, er studierte Karate und modernes Kendo sowie zeitgenössisches wie klassisches japanisches Theater. Im Jahr 2000 lernte er Schwertkampf in der Niten-Schule in Tokio, Aiki Jyujitsu (Ursprung des Aikido) bei Meister Daittoryu Yoshimaru Keisetsu und Tai Chi in Tokio. Diese Kombination von Theater und Kampfkunst bringt ein tieferes Verständnis für körperliche Bewegung und körperlichen Ausdruck, um mehr Beweglichkeit, Eleganz und eine stärkere physische Präsenz zu ermöglichen, welche die Grundlagen des traditionellen japanischen Theaters sind, das Tanz, Musik und Waffen zusammenbringt. Seit 2006 lebt Masato Matsuura in Paris. Hier gründete er die Schule SAYU und das Dojo LES DEUX SPIRALES mit Sitz in Paris und Brüssel. Er unterrichtet und tritt in ganz Europa, Afrika und Asien auf. Er bietet Workshops und Meisterklassen für Künstler wie Schauspieler, Tänzer und Musiker an. Matsuura führt Regie und tritt regelmäßig in modernen und traditionellen Theaterstücken auf, außerdem ist er als Schauspieler und Sprecher für Film und Fernsehen tätig.

Picknick-Konzert openair !

Sonntag, 3. September 23

14.30 Uhr, Herzoglicher Park Corvey

O/Modernt Kammerorchester

Marcelo Nisinman, Concertino für Violoncello und Kammerorchester

Antonio Vivaldi, aus: Die vier Jahreszeiten op. 8Astor Piazzolla, aus: Cuatros estaciones

Benjamin Britten, aus: Variations on a Theme of Frank Bridge op. 10

Hugo Ticciati, Leitung

Julian Arp, Violoncello

Marcelo Nisinman, Bandoneon

Sebastian Flaig, Cajon

Man sitzt unter alten Bäumen und genießt den Park mit seiner breiten Gräfte und seinen wunderbaren Aussichten ins Land und auf die eindrucksvolle barocke Schlossfassade. Die Stimmung ist heiter und festlich, der Himmel blau. Man kann sich eine Picknick-Decke mitbringen und einen kleinen Imbiss oder sitzt an Tischen, die sich im Park gruppieren. Man lauscht der Musik des fantastischen Kammerorchesters aus Stockholm. Es ist eine Freude, diese Musik zu erleben. ‹Musik ist niemals alt oder neu – sie existiert nur in dem Moment, in dem sie erklingt.›

Diese Veranstaltung findet in Kooperation mit der Landesgartenschau Höxter statt.

 O/MODERNT KAMMERORCHESTER

O/Modernt (schwedisch für „Un/Modern“) ist das innovative Konzept, das der Geiger, Dirigent und künstlerische Leiter Hugo Ticciati vor einem Jahrzehnt entwickelt hat. Herzstück des Klangkosmos’ von O/Modernt ist sein eigenes junges Kammerorchester aus jungen Topmusikern aus ganz Europa, das international auftritt. In spannenden Konzerten erforscht O/Modernt die Beziehung von Werken alter Komponisten und dem künstlerischen und geistigen Schaffen der zeitgenössischen Kultur. Es erarbeitet vielseitige, ungewöhnliche Programme und arbeitet mit weltbekannten Solisten, Jazzmusikern oder auch Rappern zusammen. Das Ensemble wird wegen seiner unglaublichen Spielfreude, die gepaart ist mit allerhöchster Virtuosität, international immer bekannter, mit Konzerten etwa in der Wigmore Hall London, dem Konzerthaus Berlin, dem Wiener Musikverein oder auch dem Muziekgebouw aan ’t IJ in Amsterdam. Es bereitet den Musikern größtes Vergnügen, mit ihren Konzerten auf Reisen zu sein, ob in Schweden, England, Deutschland oder in ferneren Ländern wie Indien und Thailand.

O/MODERNT KAMMERORCHESTER

O/MODERNT KAMMERORCHESTER
© Frommer

„O/Modernt verbindet auf unerwartete Weise Altes mit Neuem und möchte so ein stärkeres Bewusstsein für Verbindungen zu schaffen, die Zeiten, Kulturen und Völker überspannen. Mit seinem internationalen Programm erforscht O/Modernt künstlerische Verbindungen zwischen der zeitgenössischen Kultur und den Kulturen früherer Epochen. Das Ensemble möchte Menschen aus allen Gesellschaftsschichten zusammenbringen und die Menschen wieder mit sich selbst zu verbinden, indem indem es eine aktive, fantasievolle Auseinandersetzung mit Musik und Kunst fördert. Die Philosophie von O/Modernt ist zukunftsorientiert, inklusiv und leidenschaftlich, wenn es darum geht, Grenzen zu überwinden. Das Motto von O/Modernt ist John Cage entlehnt: Invent the past. Überarbeite die Zukunft.“

www.omodernt.com/omodernt.de

29.August (Dienstag) 2023

19.30 Uhr, Schloß Corvey, Kaisersaal     Lesung und Konzert

Maria Schrader

Kirschblüte bei der Nacht

Gedichte von Barthold Heinrich Brockes, Giovan Battista Marino, Francis Bacon und H. C. Artmann

Hille Perl & Friends

Englische Folksongs und Balladen treffen auf Lieder von Henry Purcell, Lautenlieder von

Henry Eccles, Christopher Simpson

Clare Wilkinson, Sopran

Veronika Skuplik, Violine

Hille Perl, Gambe

Andreas Arend, Theorbe & Konzeption

Die florierende Gartendichtung des Barock zelebriert Ordnung und Überschwang, Licht und Schatten, fröhliches Diesseits und tröstendes Jenseits. Der Garten ist Ort einer idealen Kostbarkeit und Fülle, dessen Anschauung ein Wunder, dessen Genuß ein Fest für Leib und Seele ist. Er erweitert die Festsäle eines Herrenhauses, eines Schlosses in die Natur hinein. Die mannigfaltigen Sinneseindrücke, die Düfte, die Farben, die Formen, werden fast artistisch in den Gedichten ausgemalt. Die Gegensätze, das Schattengrün der Hecken und die offenen Alleen, das Düstere der Nacht und das wollüstige Erschauern werden ans Licht gebracht. Und immer wieder denkt die Blütenlese an den Schöpfer, ohne den diese Wunder nicht existierten. Von Gärten der Liebe und Gärten der Lüste, von der Wirkung des Frühlings und vom Sommergesang liest Maria Schrader. Die großartige Schauspielerin, Sprecherin und Drehbuchautorin ist ebenso eine erfolgreiche Regisseurin. Ihr letzter Film ‹She said› feierte Ende 2022 beim New York Film Festival Premiere. Kaum eine Künstlerin kann die Sprache der Musik so fließend sprechen wie Hille Perl. Auf der Gambe vermittelt sie zwischen Vergangenheit und Zukunft und findet mit ihren Klängen den Weg direkt in die Herzen ihrer Zuhörer. Für sie ist Musik ein Gespräch zwischen den Menschen. Den dunklen, sanften Klang der Gambe hat sie schon als Kind geliebt und mit fünf Jahren angefangen, Gambe zu spielen. Deren klangliche und technische Möglichkeiten bis an die Grenzen auszureizen, lockt sie immer wieder.

(Zitate aus: www.kino-zeit.de/news-features/features-specials-empfehlungen/maria-schrader-das-multitalent.de)

Maria Schrader

Maria Schrader
©Anika Molnar/Majestic

MARIA SCHRADER

Die 1965 in Hannover geborene Maria Schrader ist eine deutsche Schauspielerin, Drehbuchautorin und Regisseurin. In ihren Arbeiten wirft sie seit vielen Jahren kritische Blicke auf Gesellschaft und Politik. Nach der Ausbildung am Max Reinhardt Seminar in Wien ging sie zunächst als Drehbuchautorin und Schauspielerin zum Film und arbeitete mit Regisseuren wie Dani Levy, Doris Dörrie, Margarethe von Trotta und Peter Greenaway. Seit 2002 spielte sie u. a. am Theater Basel, Schauspiel Köln, Thalia Theater Hamburg und am Deutschen Theater Berlin. Sie arbeitete u. a. mit Stefan Bachmann, Karin Beier, Nicolas Stemann und Andreas Kriegenburg und erhielt für ihre Darstellung der Medea in Karin Beiers Inszenierung »Das Goldene Vlies« den Preis als beste Darstellerin beim NRW-Theatertreffen 2009. Neben ihrer Arbeit als Schauspielerin ist Maria Schrader auch als Regisseurin erfolgreich. Als Filmschauspielerin bzw. Regisseurin erhielt sie dreimal den Bayerischen und zweimal den Deutschen Filmpreis sowie den Silbernen Bären für ihre Rolle in »Aimée und Jaguar« von Max Färberböck. Ihr Film »Vor der Morgenröte« wurde als österreichischer Kandidat für das Rennen um den Oscar für den besten ausländischen Film 2017 ausgewählt. Für ihre Regiearbeit bei der Netflix-Serie „Unorthodox“ erhielt sie einen Emmy Award als „Beste Regisseurin einer Miniserie“ – als erste deutsche Regisseurin überhaupt. 2021 folgte eine Einladung zu den Filmfestspielen in Berlin für ihre Arbeit an „Ich bin dein Mensch“. Der Film „She Said“ – eine „fast dokumentarische Aufarbeitung des Harvey-Weinstein-Skandals um jahrzehntelange Übergriffe auf weibliche Angestellte und junge Schauspielerinnen bis hin zur Vergewaltigung, der in den USA nicht nur die #MeToo-Bewegung auslöste, sondern auch zu zahlreichen Änderungen in Gesetzgebung und Regeln am Arbeitsplatz führte“ -ist ihr bislang größter Film als Regisseurin.

BAROCKGEDICHTE

Barthold Heinrich Brockes (1680-1747), gesprochen: Brook[e]s, war ein deutscher Schriftsteller und Dichter. Literaturhistorisch an der Wende zwischen Barock und Aufklärung stehend, wurde er berühmt durch seine einmalig aufmerksame Beobachtung und dichterische Lobpreisung der Natur. Er war bekannter als Friedrich Gottlieb Klopstock und gilt heute als dessen Vorläufer. Brockes führte das fromme Naturlied in die Lyrik ein. Sein neunbändiges Gedichtwerk „Irdisches Vergnügen in Gott“ (1721–1748) ist der erste Meilenstein poetischer deutscher Naturbeschreibung (sieben Stücke daraus entnahm Johann Sebastian Bach für seine „Johannispassion“). Die Gedichte bestechen durch Einfachheit und Klarheit und den dahinter stehenden protestantisch geprägten diesseitigen Gottesglauben. Brockes war Mitbegründer der „Teutschübenden Gesellschaft“ und der „Patriotischen Gesellschaft“ sowie Herausgeber und Autor der moralischen Wochenschrift „Der Patriot“.

Giovan Battista Marino (auch Giambattista Marino, 1569-1625) war der berühmteste italienische Dichter der Barockzeit. Marinos kunstvoller, mit Bildern und Metaphern angereicherte Stil, der in der Dichtung des Barock Bewunderer fand, wird als „Marinismus“ bezeichnet. Die spanische Spielart heißt nach dem spanischen Dichter Luis de Góngora (1561–1627) Gongorismus, Marino hatte zahlreiche Nachfolger, in Deutschland besonders die sogenannte „Zweite schlesische Dichterschule“ um C. Hofmann von Hofmannswaldau, Barthold Heinrich Brockes übertrug 1715 seinen „Bethlehemitischen Kindermord“ in deutsche Verse.

Hans Carl (H.C.) Artmann (1921-2000), geboren in Wien, führte ein Bohemienleben mit ausgedehnten Reisen zunächst in Wien, dann in Berlin, Malmö (Schweden) und schließlich Salzburg. Er gilt als einer der bedeutendsten Dichter der österreichischen Gegenwartsliteratur. Er begann mit surrealer Lyrik und feierte große Erfolge mit Wiener Mundartgedichten und phantastischer Kurzprosa. Seine Texte zeichnen sich durch eine Vorliebe für das Abwegige, Makabre, die barocke Sprachform und das Spiel mit Stilen,Gattungen und Epochen aus. H. C. Artmann verstand sich als ein der (gesamt)deutschen Sprache verbundener Dichter einer „Dichtung um der reinen Dichtung willen“ (Acht-Punkte-Proklamation des poetische Actes, 1953). Sein meist kleingeschriebenes, stilistisch diverses Werk ist geprägt von Aneignungen und Zitaten, konkreter Bildlichkeit und Humor. Literarhistorisch wichtig wurde er 1952 als Mitbegründer der „Wiener Gruppe“ und mit dem Dialektlyrikband „med ana schwoazzn dintn“ (1958). Mitte der 1960er Jahre war Artmann einer der ersten deutschsprachigen Popliteraten, der für einen um Populärkultur erweiterten Literaturbegriff plädierte. „Auf Todt & Leben: Eine barocke Blütenlese“  erschien postum 2003 im Manesseverlag, Zürich. Im Klappentext heißt es „Der aeronautische Sindbad, heroische Husaren und Seil-Tänzer, furchterregende Riesentöter und Erd-Drachen, berüchtigte Venus-Reiter und frührosenfarbene Nixen bevölkern das phantastische Bestiarium des H.C. Artmann. Der Auswahlband zeigt den Wiener Erzpoeten in seiner ganzen barocken Wucht und Sprachpoesie: mit Hymnen auf Lebensüberschwang und Vanitasklagen, mit haarsträubenden Schwänken und allerlei heiteren Kapriolen, wie sie seit den Abenteuern des Lügenbarons Münchhausen nicht mehr so schön erdacht worden sind.“

Als Barockliteratur oder Literatur des Barocks (von „Barock“, von barocco portugiesisch für seltsam geformte, schiefrunde Perle) wird in der deutschen Literaturgeschichte seit etwa 1800 die literarische Produktion in Europa (v. a. in Italien, Spanien, Deutschland) im Zeitraum zwischen etwa 1600 und 1720 bezeichnet. In der Zeit des Barock vollzog sich eine stärkere Hinwendung der Literatur zur deutschen Sprache. Politisch war die Epoche von der konfessionellen Spaltung und dem Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) geprägt. In der Barockzeit wurden zahlreiche Dichter- und Sprachgesellschaften gegründet, die bekannteste davon war die Fruchtbringende Gesellschaft. Die bevorzugte Literaturform war das Gedicht, vor allem das Sonett, übliches Versmaß war der Alexandriner. Im Barock spielten die äußere Ästhetik und der Wohllaut eine große Rolle. Stilmittel wie Metaphern und Symbole wurden bevorzugt eingesetzt, um durch bildliche Darstellungen elementare Dinge wie Diesseits und Jenseits sowie die Rolle des Menschen zu erläutern.

HILLE PERL

Hille Perl, geboren 1965 in Bremen, ist eine deutsche Gambistin und Hochschullehrerin. Als hervorragende Interpretin von Musik des 17. und 18. Jahrhunderts ist sie europaweit bekannt. Seit ihrem fünften Lebensjahr spielt sie die Viola da Gamba. Sie spielt weltweit Konzerte und macht CD-Aufnahmen, sowohl als Solistin als auch mit verschiedenen Ensembles wie dem Trio Los Otros, Sirius Viols, The Age of Passions oder auch mit Gruppen, mit denen sie häufig schon seit Jahrzehnten befreundet ist wie dem Consort des Freiburger Barockorchester – und als Duopartnerin des Komponisten und Lautenisten Lee Santana und ihrer Tochter Marthe. Das 17. und 18. Jahrhundert sind ihre geistige Heimat. Seit 2002 hat sie eine Professur an der Hochschule für Künste in der Hansestadt Bremen inne. Wenn sie nicht auf Reisen ist, lebt sie in einem Bauernhaus in der Wildeshauser Geest.

Hille-Perl

Hille-Perl
© Uwe Arens

Hille Perl zur Gambe:  Man kann auf „den sechs bis sieben Saiten natürlich leichter Akkorde spielen und hat einen weitaus größeren Tonumfang, der vom Geigen- bis zum Kontrabassregister reicht. Die Gambe ist ein ebenso tolles Solo- wie Continuo-Instrument; man kann sich auch wunderbar beim Singen selbst begleiten. Und dann natürlich ihr besonderer Klang: sehr obertonreich, aber auch sehr grundtönig, erdig, warm. Faszinierend eben!“

„Wie kommt es eigentlich, dass gerade die Alte Musik im Konzertsaal oft so lebendig und innovativ wirkt?Hille Perl: Meiner Ansicht nach fehlt der traditionellen klassischen Szene meist die Fähigkeit, Musik aus dem Kontext zu verstehen, in dem sie entstanden ist, also welche Instrumente verwendet wurden, wie die Aufführungspraxis war. Der Anlass, der Ort der Aufführung, aber auch die jeweiligen Lebensumstände des Komponisten sollten dabei erforscht werden. Alle diese Fragestellungen sind sehr wichtig, um einen Weg zu finden, diese jahrhundertealte Musik heute so aufzuführen, dass der Hörer, der sich heute in einem völlig anderen Kontext befindet, sie gleichwohl unmittelbar versteht. Daraus speist sich die Lebendigkeit der historisch informierten Aufführungspraxis. Und ich denke, darum sollten sich alle Musiker bemühen: Die Sprache des Materials so zu durchdringen, dass sie sie für den Hörer im 21. Jahrhundert übersetzen können.“

(Zitate Hille Perl auf  www.concerti.de/interviews/hille-perl-das-landleben-ist-ein-herrliches-korrektiv/).de

(Alle Angaben ohne Gewähr)